Der Bundesrat hat kürzlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und den Fürsorgeangelegenheiten verbessern soll (BT-Drucks. 18/10485 vom 30.11.2016). Der Bundesrat schlägt hierfür eine gesetzliche Beistandschaft des Ehegatten für den Bereich der Gesundheitssorge und angrenzender Angelegenheiten vor. Die Regelung soll für eingetragene Lebenspartner entsprechend gelten.

Der Vorschlag des Bundesrates ergeht vor folgendem Hintergrund:
Nach derzeitiger Rechtslage führt die Eheschließung – entgegen der Fehlvorstellung vieler Bürger – nicht dazu, dass die Ehegatten untereinander von Gesetzes wegen vertreten können. Lediglich wenn es um Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie geht, macht das Gesetz (eine in der Praxis wenig bedeutsame) Ausnahme. Dies bedeutet, dass die Ehegatten sich untereinander weder in Vermögens- noch in Gesundheitsangelegenheiten vertreten können.

Der nun vorliegende Gesetzesentwurf des Bundesrates sieht demgegenüber ein Vertretungsrecht des Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten vor. Das Vertretungsrecht setzt nach dem Entwurf voraus, dass der andere Ehegatte infolge Krankheit oder Behinderung seine gesundheitlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann und weder einen entgegenstehenden Willen geäußert hat noch eine andere Person zur Wahrnehmung dieser Angelegenheiten bevollmächtigt hat, noch ein Betreuer bestellt wurde. Liegen diese Voraussetzungen vor, so soll der beistehende Ehegatte beispielsweise über die ärztliche Behandlung des anderen Ehegatten entscheiden können, für diesen Behandlungs-, Krankenhaus- und Pflegeverträge abschließen können, Ansprüche, die aus der Erkrankung des anderen Ehegatten resultieren, für diesen geltend machen können und zur Wahrnehmung all dieser Angelegenheiten die Post des anderen Ehegatten öffnen können.

Mittlerweile existiert auch ein Gegenentwurf des Bundesjustizministeriums, welcher in die gleiche Richtung weist.

Stellungnahme:
Sollten die vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelungen in dieser Form Gesetz werden, würden sie deutlich mehr Probleme schaffen, als sie lösen. Dies liegt vor allem daran, dass die betroffenen Rechtskreise (Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen etc.) in der Praxis oftmals nur schwer oder gar nicht feststellen könnten, ob der handelnde Ehegatte in den oben angesprochenen Bereichen tatsächlich vertretungsberechtigt ist. So soll der handelnde Ehegatte z.B. nicht vertretungsberechtigt sein, wenn die Ehegatten getrennt leben oder der andere Ehegatte einen entgegenstehenden Willen geäußert hat. In ihrem Vertrauen auf eine in Wirklichkeit gar nicht bestehende Vertretungsmacht des anderen Ehegatten werden die betroffenen Rechtskreise aber nur geschützt, wenn ihnen ihre Unkenntnis nicht vorzuwerfen ist. Wann letzteres der Fall ist, bleibt unklar, was etwa für die behandelnden Ärzte nicht unerhebliche strafrechtliche Risiken mit sich bringt, von dem damit verbundenen Verwaltungs- und Schulungsaufwand ganz zu schweigen.

Der vorgelegte Entwurf ist aber auch – abgesehen von den zahlreichen rechtlichen Problemen, die er mit sich bringen würde – rechtspolitisch verfehlt. Erfreulicherweise setzt sich in der Bevölkerung mehr und mehr die Einsicht durch, dass die Errichtung von Vorsorgeverfügungen wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sinnvoll und notwendig ist. Mit der nun vorgeschlagenen Regelung würde der Gesetzgeber demgegenüber den Handlungsdruck reduzieren. Es würde der Eindruck erweckt, dass durch die geplante Beistandschaft die Errichtung von Vorsorgeverfügungen letztlich überflüssig sei, was mitnichten der Fall ist. Der Gesetzgeber sollte daher von der vorgeschlagenen Regelung Abstand nehmen und stattdessen sein Werben für die Vorsorgeverfügungen intensivieren.